Stromlinienbus "Flöha" im Jahr 2018 zu Gast im Straßenbahnmuseum
Flöha, eine Kleinstadt im heutigen Landkreis Mittelsachsen, ca. 14 km östlich von Chemnitz gelegen und seit 1933 mit dem Stadtrecht versehen war die Wirkungsstätte des Taxi-Unternehmers Guido Fritzsche. Hier betrieb er sein Unternehmen bis 1965.
Im Jahr 1936 wurde im Deutschen Reich das Gesetz zum Vierjahresplan verabschiedet. Dieser Plan sah vor binnen vier Jahren das Deutsche Reich kriegsfähig zu machen. In diesem Zusammenhang wurden auch Stahlprodukte einer Kontingentierung unterworfen. Dies betraf alle Bereiche der Wirtschaft vom Großunternehmen bis zum kleinen Handwerker.
In diesem Zeitraum hatte der Taxiunternehmer Guido Fritzsche den Plan gefasst, seinen Fahrzeugpark mit einem eigenen Omnibus zu erweitern. Hierfür sollte die damals hochmoderne Stromlinienform für die Karosserie zur Anwendung kommen. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es ihm eine Stromlinienkarosserie zu entwerfen und selbst zu bauen. Bemerkenswert war sicherlich auch die Beschaffung von gebogenen Scheiben für die Eckfenster der Fahrzeugfront. Aber ein Omnibus der damaligen Zeit brauchte ein eigenes Fahrgestell und hier lag das größte Problem.
Guido Fritzsche gelang es mit erheblicher Anstrengung seiner Mitarbeiter aus einem Steinbruch ein ausgebranntes LKW-Fahrgestell mit Opel-Motor zu bergen. Dieses Fahrgestell gehörte ursprünglich zu einem Lastwagen aus dem Fuhrpark der Chemnitzer Filiale des Kaufhauskonzerns Schocken. Während der Judenverfolgung und Arisierung der Kaufhäuser muss dieses Fahrzeug in den Steinbruch gelangt sein. Wann genau und warum das Fahrzeug ausbrannte ist nicht mehr nachvollziehbar.
Der 40 PS Opel-Motor wurde in den Omnibus als Heckmotor eingebaut, erwies sich im Lauf der Zeit jedoch als zu schwach. Es wurde daraufhin ein 50 PS Ford-Motor eingebaut. Zum Schluss befand sich im Fahrzeug wieder ein Opel-Motor.
Das Fahrzeug wurde vor allem für Gesellschaftsfahrten eingesetzt. Bei größeren Steigungen konnte es vorkommen, dass Fahrgäste aussteigen und laufen oder schieben mussten, da die installierte Motorleistung nicht ausreichte.
Bis zur Auflösung der Firma Guido Fritzsche war das Fahrzeug dort vorhanden und wurde später eingelagert.
In den 1980er Jahren kam das Fahrzeug zumindest wieder ans Tageslicht. Mit einer Ausfuhrgenehmigung der DDR-Außenhandelsfirma "Interport" konnte der Omnibus zur Devisenbeschaffung veräußert werden.
1987 wurde das schrottreife Fahrzeug für knapp 10.000,-DM aus der DDR, über einen Antiquitätenhändler nach Berlin-West an das Museum für Verkehr und Technik verkauft.
Der Transport erfolgte auf einem Tieflader von Karl-Marx-Stadt direkt ins Museum nach Berlin-West.
Ab 1990 begann die Restaurierung des Fahrzeuges in Wilhelmshaven. Diese konnte in einer ersten Phase 1992 abgeschlossen werden. Danach wurden weitere Einzeldetails gefertigt.
Bei der Aufarbeitung wurde unter vielen Schichten Farbe auf den Seitenflächen auch der alte Schriftzug "Stadt Flöha" gefunden.
Das Fahrzeug befindet sich heute in einem fahrbaren Zustand. Auf Grund der Einzigartigkeit des Fahrzeuges wird davon aber Abstand genommen.
Das Fahrgestell des weißen, spacig-aussehenden Omnibusses aus den 1930er Jahren konnte im Technik-Museum Berlin erst kürzlich dem Schocken-Konzern zugeordnet werden.
Im Jahre 2017 reifte der Plan das Fahrzeug im staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (SMAC) zu zeigen, da zumindest beim Fahrgestell eine Verbindung zum früheren Kaufhauskonzern Schocken besteht.
Da die dortigen Platzverhältnisse dies nicht zulassen, kam es zur Kooperation mit dem Straßenbahnmuseum Chemnitz. In dessen altehrwürdiger Museumshalle wurde ein geeigneter Rahmen zur Präsentation des Omnibusses gefunden. Somit kam das Fahrzeug vorübergehend bis auf wenige Kilometer entfernt seinem Entstehungsort nahe.